Chronik 43
CHRONIK XVI Januar 2018 Beobachtungen und Meldungen
Samstag den 27. Januar 2018 from London: Wildlife Photographer oft he Year Portfolio 27
Der Titel „Wildlife Photographer of the Year“ ist bei Naturphotographen aus aller Welt heiß begehrt. Dazu veranstaltet das Natural History Museum in London zu Beginn eines jeden Jahres eine Ausstellung mit z. T. unglaublichen Fotos von Tieren, Pflanzen und Landschaften, die in einem Buch veröffentlicht werden. Die aus 40 000 Einsendungen ausgewählten 100 Fotos werden dort mit einem kurzen Text zur abgebildeten Art und den Umständen bei der Entstehung des Bildes präsentiert. Die Bilder zeigen sowohl die Schönheit der Natur, oft mit überraschenden Ein- und Ansichten, als auch das Grauen und Entsetzen über eine fortschreitende Zerstörung der Biosphäre und der Biodiversität unseres Planeten durch menschliche Einwirkung. Das preisgekrönte Foto des Jahres 2017 stammt von dem Südafrikaner Brent Stirton und zeigt ein acht Stunden zuvor an einem Wasserloch getötetes, grausam verstümmeltes Nashorn der Art Diceros bicornis (Linnaeus, 1758), von denen weniger als 4000 Individuen überlebt haben (Seite 10/11).
Im Gegensatz zu früheren Jahren findet man nur drei Fotos von Tieren der Ordnung Cetacea, darunter diese beeindruckende Aufnahme der linken Gesichtshälfte eines südlichen Buckelwals Megaptera novaeangliae (Borowski, 1781). Die Buckelwalmutter war vor den Tonga Inseln Vava‘u - einem vor Schwertwalattacken relativ sicheren Aufzuchtgebiet - mehrfach an dem Photographen Wade Hughes vorbeigeschwommen, um sicher zu sein, dass er keine Gefahr für ihr Junges bedeutet, daher der scharfe Blick auf den Photographen (Seite 26).
In dem Buch befindet sich keine Darstellung eines Meeressäugetieres, dagegen dieses Musterblatt aus der Umgebung des niederrheinischen Kupferstechers Meister E.S. (1420 – 1468). Es zeigt das sagenhafte Einhorn in Gesellschaft anderer Fabelwesen, bemerkenswert dabei die natürliche Form und Größe des Horns. Gerade im 15. Jahrhundert gibt es eine Reihe von religiös motivierten Darstellungen des Einhorns meist in Verbindung mit der Jungfrau Maria. In Nordeuropa sicher schon länger bekannt, hat es noch über Jahrhunderte gedauert, bis man in Mitteleuropa das „ Ainkhürn“ mit dem Narwal Monodon monoceras (Linnaeus, 1758) in Verbindung brachte.
Herman Reichenbach weist per e-mail auf folgende Neuerscheinung hin:
Auf den an die Ministerin für Verteidigung Ursula von der Leyen gerichteten Brief des Ministers Dr. Robert Habeck, in dem er seine Sorge und Verwunderung über die geplante Sprengungen vor der Küste in unmittelbarer Nähe von Natura 2000 Gebieten zum Ausdruck bringt, antwortet statt der Verteidigungsministerin eine nachgeordnete Dienststelle. Das in Koblenz am Rhein ansässige Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr behauptet unter anderem, es hätte nie Einwände des Umweltministeriums gegen die seit Jahrzehnten in dem Sperrgebiet durchgeführten Sprengungen gegeben.
Diese Aussage ist falsch.
Nach einem Briefwechsel mit dem Vizeadmiral Andreas Krause und nachgeordneten Dienststellen des Marinekommandos Rostock/Warnemünde wurde 2015 wegen der Aktivitäten der Bundeswehr im Sperrgebiet vor Schönhagen ein Gedankenaustausch in Form eines Workshops vereinbart. Anlass waren wiederholte massive Sprengungen in zeitlichem Zusammenhang mit dem Vorkommen von Schweinswalen, Delphinen und einem Finnwal in diesem Bereich.
Der Workshop fand am 28. 01 2016 im Ostsee-Infocenter in Eckernförde statt mit dem Titel: Mögliche Auswirkungen militärischer Übungen und Sprengungen im Sperrgebiet vor Schönhagen auf Meeressäugetiere und Minderungsmaßnahmen.
Die Teilnehmer der Veranstaltung, die sich wie üblich zu Beginn kurz vorgestellt hatten, waren mehrere Fachleute und Wissenschaftler renommierter Institute, zwei hochrangige Vertreter der Bundeswehr , ein Vertreter der WTD, Vertreter der Naturschutzverbände, der Leiter des OICs mit Stellvertreterin - und in Vertretung des Ministers eine Beamtin aus dem Ministerium für Umwelt, Natur und Forsten des Landes Schleswig - Holstein. Alle Teilnehmer äußerten im weiteren Verlauf ihre tiefe Besorgnis und Betroffenheit in Anbetracht der Tatsache, dass bei einer Sprengung im Umkreis von 25 km Entfernung über 100 Schweinswale geschädigt werden. Zum Schluss war man sich daher darüber einig, dass die bisherige Vorgehensweise der Bundeswehr aus wissenschaftlichen, naturschutzrechtlichen Gründen nicht mehr hinnehmbar sei und bei eventuell weiteren, nicht zu verhindernden Vorhaben der Bundeswehr der Schutz von Natur und mariner Umwelt dringend verbessert werden müsste - mindestens durch die Anwendung eines Blasenschleiers um den Ort der Sprengung.
In der Zwischenzeit gibt es neuere wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, inwieweit Schweinswale durch Lärmexpositionen betroffen sein können (Wisniewska et al. 2017 Cell Press). Schweinswale als kleinste Zahnwale überhaupt haben wegen ihrer hohen Stoffwechselrate Schwierigkeiten eine positive Energiebilanz aufrecht zu erhalten; sie sind auf eine praktisch ununterbrochene Nahrungszufuhr angewiesen und leben immer am Rande der Dekompensation. Bei einer Mangelernährung können sie innerhalb einer Woche dehydrieren und verhungern. Daher haben selbst geringe Störungen durch menschliche Aktivitäten erhebliche Auswirkungen auf die Fitness des einzelnen Individuums als auch auf die der gesamten Population. (s. auch 9. Januar 2018)
Ein Buckelwal wird vor Hawaii wird von Helfern von den 87m langen Leinen eines Fanggeschirrs befreit; anschließend soll er „vor Dankbarkeit“ mehrmals gesprungen sein.
Aus dem n-tv Video
Montag den 15. Januar 2018 Buckelwal soll Forscherin vor Tigerhai gerettet haben
Die Meeresbiologin Nan Hauser soll in der Nähe von Raratonga (CookInseln) durch einem Buckelwal (Megaptera novaeangliae Borowski, 1781) vor einem Tigerhai Galeocerdo cuvier ( Péron & Lesueur, 1822) gerettet worden sein. Darüber berichten shz, stern, meeresakrobaten, Hamburger Abendblatt, Berliner Zeitung, KN u. a. Der Buckel Wal habe sie unter seine Flossen „geklemmt“, auf dem Kopf getragen berichtet die Wissenschaftlerin. Es existiert ein Video der BBC im Netz; die darauf dokumentierten Interaktionen sind schwierig zu interpretieren:
Wie der shz und die KN berichten plant die Bundeswehr im Frühjahr die ausgemusterte Fregatte „Karlsruhe“ im Sperrgebiet vor Schönhagen zu verankern (PM v. 22. 07 2017). Sie soll angesprengt und aus der Luft beschossen werden. Dagegen protestieren Naturschutz – und Fischereiverbände, sowie die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden Damp und Brodersby, die zu Recht Einbußen beim Tourismus befürchten. Der zuständige Umweltminister Dr. Robert Habeck fordert eine umgehende, naturschutzrechtlliche Prüfung der Pläne, nennt das Vorgehen der Bundeswehr unprofessionell und hat einen Brief an die Verteidigungsministerin Frau von der Leyen geschrieben. Das Ministerium als oberste Naturschutzbehörde sei nicht in die Planung mit einbezogen worden, und wurde über das Vorhaben nicht rechtzeitig informiert. Der Vorsitzende des Landesfischereiverbandes Lorenz Marckwardt weist darauf hin, dass die Fischer auf der einen Seite eine Reduzierung ihrer Quote hinnehmen müssten, auf der anderen Seite die Bundeswehr aber den restlichen Dorsch vernichte. Der Jahrgang 2016 brauche dringend Schonung. Karl Christoph Jensen , der Vorsitzende des NABU Nordschwansen, befürchtet, dass nicht nur Meerestiere sondern auch die Brut der etwa 2 500 Paare der Uferschwalbe Riparia riparia (Linnaeus, 1758) in der Steilwand direkt gegenüber der Sprengung durch diese in den Brutröhren verschüttet werden können.
Erstaunlich zurückhaltend bzw. gar nicht reagieren bisher die mit Port Olpenitz befasste Immobiliengesellschaft Helma und andere.
Bereits 1996 konnte ein ähnliches Vorhaben zusammen mit der Schutzstation Wattenmeer durch einen Medienaufruf in letzter Minute verhindert werden, obwohl man seiner Zeit behauptete, es gäbe keine Schweinswale in der Kieler Bucht. Durch die seit 1987 dokumentierten Totfunde an der Küste von Angeln und Schwansen konnte die Behauptung bereits damals eindeutig widerlegt werden.
In der Zwischenzeit gibt es keinen vernünftigen Zweifel mehr an der Tatsache, dass Schweinswale regelmäßig vor den Küsten Schleswig Holsteins in den FFH Gebieten aber auch im benachbarten Sperrgebiet vorkommen. Obwohl während eines Workshop des OIC Eckernförde im Januar 2016 den Vertretern der Bundeswehr und der WTD 71 in mehreren wissenschaftlichen Vorträgen dargelegt wurde, wie häufig und wie schwer das Gehör der Schweinswale selbst bei kleineren Sprengungen geschädigt werden kann, setzen sich Bundeswehr und WTD 71 offensichtlich unbeeindruckt darüber hinweg und planen Sprengungen mit ungeeigneten Vergrämungsmaßnahmen.
Nach einer aktuellen Veröffentlichung von Wisniewska et al.(2017) bei Cell Press haben Meeressäugetiere einen viel höheren Energiebedarf als terrestrische Säugetiere. Besonders sind Schweinswale als kleinste Zahnwale davon betroffen, die Schwierigkeiten haben, eine positive Stoffwechselbilanz überhaupt aufrecht zu erhalten. Schweinswale sind auf eine praktisch ununterbrochene Nahrungszufuhr angewiesen und leben immer am Rand der Dekompensation. Bei Nahrungsmangel können sie in weniger als einer Woche verhungern. Daher haben selbst geringe Störungen durch menschliche Aktivitäten erhebliche Auswirkungen auf die Fitness des einzelnen Individuums, als auch auf die der gesamten Population. Umso mehr ist das Vorhaben der Bundeswehr unter dem Aspekt wissenschaftlicher Erkenntnisse in der jetzigen Form abzulehnen.
Montag den 8. Januar 2018 Walbeobachtung während des Volvo Ocean Race von der Vetas
Die schwedische Regattayacht Vestas befindet sich auf der vierten Etappe des Volvo Ocean Race 2017-18 zwischen Melbourne und Hong Kong. Bei ruhiger See wurden um ca 15h Ortszeit Wale beobachtet. Anschließend machte die Drohne Filmaufnahmen von mehreren Furchenwalen bei der Nahrungsaufnahme; möglicherweise handelt es sich um Seiwale Balaenoptera borealis (Lesson, 1828). Um 18h Ortszeit war die Position des Schiffes 161°54,12‘E 007°43,90’S. https://twitter.com/volvooceanrace/status/950383056988274690
Montag den 8. Januar 2018 Strandung eines Finnwals an der Küste Ägyptens bei Alexandria
Wie das Magazin „Brisant“ der ARD am Montag den 8. Januar berichtet hat, soll an der ägyptischen Mittelmeerküste ein 17m langer Blauwal Balaenoptera musculus (Linnaeus, 1758) gestrandet sein. Als Todesursache wird angegeben, dass der Wal sich von „Plankton“ - gemeint ist wahrscheinlich Krill – ernährt, und da dies im Mittelmeer nicht vorkomme, vermutlich verhungert ist. Auf Grund des äußeren Aspekts des Kadavers, insbesondere der sehr prononcierten Rückenfinne bestehen an der Artdiagnose erhebliche Zweifel. Zu Recht:
Wie aus Medienberichten der lokalen Medien in Alexandria/Ägypten Alexandria Egypt News hervor geht handelt es sich um einen Finnwal Balaenoptera physalus (Linnaeus, 1758). Allerdings ist die Mutmaßung, dass der Kadaver 4 Tonnen gewogen haben soll, ebenso aus der Luft gegriffen, wie die Ansicht des ägyptischen Umweltministers, der Wal habe Selbstmord begangen. Das Strandungsdatum ist Sonntag der 07. 01. 2018; leider wurde der Wal ohne weitergehende Untersuchung entsorgt.
Seit Dezember wird die USA von einer extremen Kältewelle heimgesucht, die eisige Temperaturen setzen nicht nur den Menschen zu, sondern auch wechselwarmen Tieren.
Am Donnerstag wurde bereits der vierte erfrorene Hai an der Küste von Cape Cod, einer Halbinsel im Südosten von Massachusetts gemeldet. Ein als „Fuchshai“ bezeichneter Kadaver sei im Packeis entdeckt worden, berichtet die Organisation „Atlantic White Shark Conservancy“, aber wegen der rauen und widrigen Wetterbedingungen hätten die Wissenschaftler es nicht geschafft, ihn an Land zu ziehen.
Zuvor wurden drei erfrorene Haie an Land gespült. Die Experten gehen davon aus, dass sie einem Kälteschock zum Opfer fielen. „In der kalten Luft frieren ihre Kiemen sehr schnell ein“, klärt Meeresbiologe Greg Skomal in der „New York Times“ auf. Die Kiemenfäden seien sehr anfällig, es dauere wohl nicht lange, bis die Haie tot seien.
Nach dem Bild handelt es sich nicht um einen Fuchshai Alopias vulpinus (Bonnaterre, 1788) sondern um den ebenfalls von Bonnaterre 1788 beschriebenen Lamna nasus oder Heringshai Ordnung Lamniformes (Makrelenheiartige) Familie Lamnaidae (Makrelenhaie), die 3 bis 4m groß im Nordatlantik, in Ost- und Nordsee aber auch auf der Südhalbkugel vorkommen. Die Art wurde bereits von Plinius d. Ä. und Conrad Gessner beschrieben. bei Brehm 1877 kommt er auch als „Häringshai“ und Lamna cornubia vor, heute ein Nomen dubium.
Freitag den 5. Januar 2018 per e-mail: Gr. Tümmler begleiten einen jungen Schweinswal im Marmarameer
We would like to inform you that the new paper on unusual interaction between bottlenose dolphins and a harbour porpoise has been published in the J. Black Sea/Mediterranean Environment. The pdf copy is available online via the following link.
Tonay, A.M., Dede, A., Öztürk A.A. 2017. An unusual interaction between bottlenose dolphins (Tursiops truncatus) and a harbour porpoise (Phocoena phocoena). Journal of the Black Sea/Mediterranean Environment 23 (3): 222-228. http://www.blackmeditjournal.org/index.php/component/k2/item/595
Die Autoren berichten über eine Beobachtung am 25. April 2015 im Marmarameer 0,7 NM vor der Küste auf Pos. 40° 60.000 N 28° 59.897 E. Während 113 Minuten wurde beobachtet, wie ein 90 bis 110 cm großer Schweinswal (Phocoena phocoena Linnaeus, 1758) neben einem Gr. Tümmler (Tursiops truncatus Montagu, 1821 ) schwimmt. Um Energie zu sparen, nutze er nach Einschätzung der Autoren wahrscheinlich die Strömung des neben ihm schwimmenden Gr. Tümmlers. Das Marmarameer ist mit jährlich 46000 Schiffsbewegungen eine sehr stark befahrene Wasserstraße ; daher liege die Vermutung nahe, dass die erfahrenen Gr. Tümmler den unerfahrenen , vermutlich noch nicht einjährigen Schweinswal begleiten, um ihn sicher durch den dichten Schiffsverkehr zu leiten.
Eine andere Veröffentlichung aus dem Jahr 2017 beschäftigt sich mit einem scheinbar konträren Sachverhalt:
Pathological findings in Harbour porpoises (Phocoena phocoena): indication for violent interactions with Bottlenose dolphins (Tursiops truncatus) in the German Baltic Sea of Schleswig-HolsteinStephanie Gross1*, Philip Claus1, Andreas Pfander1, Cecilie Thuelund2, Magnus Wahlberg2, Ursula Siebert11Institute for Terrestrial and Aquatic Wildlife Research, University of Veterinary Medicine Hannover, Foundation2Marine Biology Research Center, University of Southern Denmark, Hindsholmvej 11, 5300 Kerteminde, Denmark*corresponding author: stephanie.gross@tiho-hannover.de
Bei 153 im Jahr 2016 untersuchten Schweinswal –Totfunden fanden sich bei sechs Kadavern in einem bestimmten Abschnitt der Küste Schleswig - Holsteins Hinweise für eine von außen kommende Gewalteinwirkung, - Rippenbrüche, Haematothorax, Einblutung in den Herzbeutel, , Fractur der Mandibula, stumpfes Bauchtrauma usw. Diese konnte in Verbindung mit einem dort häufig zu beobachtenden männlichen Gr. Tümmler gebracht werden. Dieser wurde bereits am 25. August 2016 im Kleinen Belt beobachtet und gefilmt, wie er einen Schweinswal tötete.
Wahrscheinlich ist ein möglicher Widerspruch so zu erklären, dass es sich einmal vermutlich um eine Gruppe überwiegend weiblicher Großer Tümmler gehandelt hat, in dem anderen Fall um ein männliches Individuum.